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Faeser verlangt von Digitalkonzernen schärferes Durchgreifen gegen Desinformation
Einen Monat vor der Bundestagswahl hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Betreiber der großen Online-Plattformen bei einem Treffen an ihre Verpflichtungen erinnert. "Die Prüfung von strafbaren Inhalten muss verstärkt und darf nicht eingeschränkt werden", erklärte Faeser nach der Gesprächsrunde am Mittwoch in Berlin. "Die großen Internetplattformen tragen Verantwortung für das, was auf ihren Plattformen geschieht." Bei den Versuchen der ausländischen Einflussnahme sei "derzeit Russland der auffälligste Akteur", hieß es aus Faesers Ministerium.
In dem Gespräch im Bundesinnenministerium nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Digitalkonzerne und Plattformbetreiber Google, Meta, Microsoft, Tiktok und X teil. Im Mittelpunkt standen laut Ministerium Maßnahmen gegen gezielte Desinformationskampagnen, die zum Beispiel auf den Wahlprozess oder Kandidierende abzielen, und gegen Hasskriminalität wie etwa Morddrohungen. Zudem ging es um die Kennzeichnung politischer Werbung und manipulierter Inhalte, die durch Künstliche Intelligenz erstellt wurden.
Faeser machte nach dem Treffen deutlich, dass sie mit dem aktuellen Vorgehen der Plattformen noch nicht zufrieden sei. "Straftaten wie Morddrohungen müssen schneller und konsequenter an Ermittlungsbehörden gemeldet und von den Plattformen gelöscht werden", erklärte sie. "Und wir brauchen mehr Transparenz über die Algorithmen, damit diese nicht gefährliche Radikalisierungsprozesse insbesondere bei Jugendlichen befeuern."
Bereits vor der Gesprächsrunde hatte Faeser klar gemacht, dass sie durchaus Möglichkeiten sieht, auf das Handeln der Plattformen Einfluss zu nehmen. "Es geht auch darum, sie an ihre Verpflichtung zu erinnern, Hasskriminalität, schwerste Straftaten ganz schnell in ihren sozialen Medien zu löschen", sagte sie den Sendern RTL und ntv. "Ich glaube schon, dass die Plattformbetreiber reagieren."
Faesers Ministerium verwies nach dem Treffen auf bestehende rechtliche Vorschriften, die es einzuhalten gelte - etwa den Digital Services Act: Er verpflichtet Plattformen, die mindestens 45 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in der EU haben, unter anderem dazu, strafbare Inhalte an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu melden. Des weiteren gälten die Verordnung zur Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte sowie die Verpflichtung zur Transparenz bei politischer Werbung.
Rund einen Monat vor dem Bundestags-Wahltermin haben die deutschen Behörden keine Erkenntnisse über eine konkrete Gefährdung. Allerdings sei "von einem grundsätzlichen Interesse zur möglichen illegitimen Beeinflussung von Wahlen durch fremde Staaten auszugehen", hieß es aus Sicherheitskreisen in Berlin. Die Sicherheitsbehörden rechnen zum Beispiel mit Cyberattacken und weiteren Sabotageaktivitäten.
Eine zentrale Rolle spielen dabei die sozialen Medien, insbesondere mit künstlicher Intelligenz (KI) erstellte, täuschend echt wirkende Bilder, Video- und Audiodateien. Ziel dieser Aktivitäten ist es, Wählerinnen und Wähler zu täuschen. Der Verfassungsschutz hat eine Task Force zur Lagebeobachtung und -analyse eingerichtet und tauscht sich auch mit Plattformbetreibern der sozialen Medien aus.
Faeser hatte vor dem Treffen eine deutliche Ansprache insbesondere gegenüber der Plattform X angekündigt. Deren Chef Elon Musk nehme Einfluss auf liberale Demokratien. "Er kritisiert nicht Putin, er kritisiert nicht China – sondern er kritisiert nur liberale Demokratien", sagte die Ministerin auf RTL und ntv. Musk tue das nicht nur in Deutschland mit seiner Unterstützung für die AfD, sondern beispielsweise auch in Großbritannien. "Das ist wirklich zersetzend, und daran werde ich X natürlich erinnern."
Bundesdigitalminister Volker Wissing (parteilos) forderte derweil die Europäische Union auf, im Umgang mit den großen Online-Plattformen standhaft zu bleiben. Er sehe die EU derzeit auf einem guten Weg, um gegen Desinformation im Internet vorzugehen, sagte Wissing im RBB Inforadio. So habe die zuständige EU-Kommissarin Henna Virkkunen angekündigt, das Personal zur Überwachung der Plattformen zu verdoppeln: "Europäisches Recht machen wir – und nicht Herr Trump", stellte Wissing klar.
R.Garcia--AT