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Kanada erlaubt Ausfuhr reparierter Turbine für Gaspipeline Nord Stream 1
Nach wochenlangem Drängen der Bundesregierung hat Kanada die Ausfuhr einer reparierten Turbine für die aus Russland kommende Gaspipeline Nord Stream 1 genehmigt. Die kanadische Regierung verwies dabei am Wochenende auf die Gefahr schwerwiegender Folgen von Gasengpässen für Wirtschaft und Bürger in Deutschlands. Die Bundesregierung begrüßte den Schritt, bleibt aber unsicher, ob Russland die Gaslieferungen in den kommenden Wochen wieder aufnehmen wird.
Die kanadische Regierung erklärte am Samstag, sie erteile "eine zeitlich begrenzte und widerrufbare Genehmigung", um "reparierte Nord-Stream-1-Turbinen" nach Deutschland zu bringen. Die Ausnahme ist wegen der Sanktionen gegen Russland zum Ukraine-Krieg nötig. Nach Siemens-Angaben handelt es sich lediglich um eine Turbine.
"Ohne die notwendige Versorgung mit Erdgas wird die deutsche Wirtschaft sehr große Schwierigkeiten haben", erklärte der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Jonathan Wilkinson, zu der Entscheidung. "Und die Deutschen selbst laufen Gefahr, dass sie ihre Häuser im bevorstehenden Winter nicht heizen können." Wilkinson warf Russlands Präsident Wladimir Putin den Versuch vor, über die Energiefrage unter den Verbündeten der Ukraine "Spaltung säen zu wollen".
"Wir begrüßen die Entscheidung unserer kanadischen Freunde und Verbündeten", teilte ein Sprecher der Bundesregierung mit. Das Bundeswirtschaftsministerium würdigte einen "guten und konstruktiven Austausch mit der kanadischen Regierung". Die Ukraine hatte Kanada hingegen aufgerufen, die Turbine, die sich derzeit in Werkstätten des Siemens-Konzerns in der Nähe von Montréal befindet, nicht zurückzugeben.
Russland hatte den Ausfall einer Turbine Mitte Juni als Grund für die Drosselung seiner Gaslieferungen über die Nord-Stream-Pipeline angeführt. Die Bundesregierung zweifelte diese Argumentation an. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte gesagt, es handele sich "um eine politische Aktion", "die technischen Gründe sind nur vorgeschoben".
Am Montag wird die Pipeline Nord Stream 1 wegen regulärer Wartungsarbeiten heruntergefahren. Die Bundesregierung rechnet mit rund zehntägigen Arbeiten. Die Bundesnetzagentur und auch das Wirtschaftsministerium äußerten aber zuletzt Zweifel, dass Russland danach den Gashahn wieder aufdrehen könnte.
Habeck stimmte die Bürgerinnen und Bürger auf schwere Zeiten ein. Es sei unklar, wie es nach den Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 weitergehen werde, sagte er am Wochenende im Deutschlandfunk noch vor der kanadischen Entscheidung. "Alles ist möglich, alles kann passieren."
Habeck warnte vor einem "politischen Albtraum-Szenario". Dieses träte ein, wenn der Staat im akuten Krisenfall die Zuteilung von Gas steuern müsste. "Das wird Deutschland vor eine Zerreißprobe stellen, die wir lange so nicht hatten", sagte der Vizekanzler. "Das wird die gesellschaftliche Solidarität bis an die Grenze und wahrscheinlich darüber hinaus strapazieren."
Angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreise warnte der Deutsche Mieterbund vor dem finanziellen Kollaps von Millionen Haushalten in Deutschland. Der starke Kostenanstieg "könnte nicht weniger als den Ruin für Millionen Mieter bedeuten", sagte Verbandspräsident Lukas Siebenkotten der "Bild". Er rief die Bundesregierung auf, "kurzfristig erhebliche Heizkostenzuschüsse für die Menschen auf den Weg zu bringen, die sonst eine geheizte Wohnung nicht mehr bezahlen können".
"Es kann passieren, dass die Bundesnetzagentur im absoluten Krisenfall Energieunternehmen erlaubt, gestiegene Preise trotz Preisgarantie an die Verbraucher weiterzugeben", sagte Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) der "Bild am Sonntag". "Wir brauchen dann für die Verbraucher ein Moratorium für Strom- und Gassperren."
Der Deutsche Städtetag forderte seinerseits, die kommunalen Versorger "unter den Schutzschirm für die Wirtschaft" zu stellen, wenn sie steigende Preise nicht an die Verbraucher weitergeben könnten. Städtetagspräsident Markus Lewe sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, nötig seien auch "Bürgschaften und Kredite für betroffene Versorger" sowie eine Aussetzung der Pflicht, Insolvenz anzumelden.
W.Stewart--AT