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Taliban feiern vierten Jahrestag ihrer Machtübernahme in Afghanistan
Die radikalislamischen Taliban haben den vierten Jahrestag ihrer Machtübernahme in Afghanistan gefeiert. "Unser Volk wurde mit islamischen Gesetzen vor Korruption, Unterdrückung, Usurpation, Drogen, Diebstahl, Plünderung und Raub gerettet", hieß es in einer am Freitag bei den Feierlichkeiten in Kabul verlesenen Erklärung des Taliban-Chefs Haibatullah Achundsada. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) forderte indes eine Achtung der Menschenrechte und insbesondere der Frauenrechte in dem Land.
In Kabul warfen Helikopter Blumenblätter ab, während Taliban-Mitglieder und -Anhänger die schwarz-weiße Flagge des "Islamischen Emirats Afghanistan" schwenkten. Einige trugen gelbe Benzinkanister mit sich - ein übliches Gefäß für hausgemachten Sprengsätze während der früheren Kämpfe gegen die westlichen Truppen im Land.
Wadephul bezeichnete den 15. August 2021 als "eine schwere Zäsur" für Frauen und Mädchen und den "Beginn eines Lebens ohne Freiheit, ohne Perspektive auf Bildung und Arbeit". Seitdem seien die Frauenrechte und Rechte von Minderheiten immer mehr beschnitten worden. "Eine Rückkehr in die internationale Gemeinschaft kann es nur geben, wenn die Taliban endlich internationale Verpflichtungen, insbesondere die Menschenrechte der Afghaninnen und Afghanen, achten", betonte der Minister.
Wadephul verwies auch auf die prekäre humanitäre Lage vieler Menschen in dem Land: "Mehr als die Hälfte der Bevölkerung – rund 23 Millionen Menschen – hat nicht ausreichend Zugang zu Nahrung, Trinkwasser oder medizinischer Versorgung." Deutschland leiste humanitäre Nothilfe in Afghanistan "wo immer es geht" - und zwar fernab der De-facto-Regierung und ausschließlich über Organisationen wie die UNO.
International bleiben die Taliban bislang weitgehend isoliert. Einzig Russland erkennt die Taliban als legitime Machthaber Afghanistans an. Die Taliban-Behörden hoffen, dass der Entscheidung Moskaus vom Juli weitere Staaten folgen werden. Zu China, Katar und mehreren zentralasiatischen Staaten unterhalten die Taliban enge Beziehungen. Nach Angaben aus Kabul führten die Taliban zudem bereits Gespräche mit Vertretern mehrerer westlicher Staaten, darunter der USA, Großbritanniens und Norwegens.
Mit Blick auf die Situation der noch in Pakistan verbliebenen Menschen aus den Aufnahmeprogrammen der Bundesregierung äußerte Wadephul "große Sorge". "Vielen von ihnen droht die Abschiebung. Wir stehen mit der pakistanischen Regierung deshalb hochrangig in Kontakt, um den Schutz dieser Menschen zu gewährleisten und denjenigen, die in den letzten Tagen entweder abgeschoben oder verhaftet wurden, schnell zu helfen", erklärte Wadephul.
Die Bundesregierung hatte nach der Machtübernahme der Taliban Aufnahmeprogramme gestartet, um besonders stark gefährdeten Afghaninnen und Afghanen dauerhaft eine Aufnahme in Deutschland aus humanitären Gründen zu ermöglichen. Pakistan hat jedoch Afghaninnen und Afghanen mit deutschen Aufnahmezusagen festgenommen und teilweise auch schon in ihr Heimatland abgeschoben.
Nach Angaben der Initiative Kabul Luftbrücke, die sich für die Evakuierung bedrohter Afghaninnen und Afghanen einsetzt, befinden sich etwa 2300 Menschen mit rechtlich bindenden Aufnahmezusagen in Pakistan. Darunter sind demnach rund 1700 Frauen und Kinder. Sie alle warten auf die Ausreise nach Deutschland.
Hilfsorganisationen erhöhten am Freitag den Druck auf die Bundesregierung, damit sie Afghaninnen und Afghanen mit Aufnahmezusagen aus Pakistan nach Deutschland holt. Pro Asyl und das Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte stellten bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige gegen Wadephul und Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) wegen unterlassener Hilfeleistung.
"Von den pakistanischen Behörden abgeschobenen Afghanen und Afghaninnen drohen willkürliche Inhaftierung, Misshandlungen oder gar Hinrichtungen", erklärte die rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl, Wiebke Judith. "Diese Abschiebungen und die Gefährdung der Menschen sind Resultat deutschen Regierungshandelns. Statt den Menschen endlich die durch die Aufnahmezusagen versprochenen Visa zu erteilen, haben die deutschen Verantwortlichen sie immer weiter hingehalten, obwohl das Risiko der Abschiebungen bekannt war."
A.Williams--AT