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Kritik an schleppender EU-Munitionslieferung an die Ukraine
Aus der Europäischen Union kommt Kritik an der schleppenden Munitionslieferung an die Ukraine. Bisher hätten die EU-Länder von der zugesagten Zahl von einer Million Geschosse nur ein Viertel geliefert, rügte der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur am Mittwoch am Rande von EU-Beratungen in einer früheren Waffenschmiede im spanischen Toledo. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bestätigte die Angaben und rief die Mitgliedsländer zu Aufträgen an die Rüstungsindustrie auf.
Auf Druck Estlands und der Ukraine hatten die EU-Staaten im Frühjahr eine Million Geschosse binnen eines Jahres zugesagt und dafür ein Hilfspaket von insgesamt zwei Milliarden Euro beschlossen. Nach Borrells Angaben sagten die Mitgliedsländer der Ukraine in den ersten sechs Monaten insgesamt 224.000 Schuss Munition sowie 2300 Raketen zu.
"Wir müssen mehr tun, und das schneller", forderte Borrell. Wenn die Bestände der Mitgliedsländer erschöpft seien, müssten diese der Rüstungsindustrie konkrete Aufträge erteilen. "Die Industrie kann nur liefern, wenn sie neue Bestellungen hat", betonte der Spanier.
Die Bundesregierung sieht dagegen zunächst die Industrie am Zug. Verteidigungs-Staatssekretärin Siemtje Möller verwies in Toledo auf milliardenschwere Rahmenverträge für Artillerie- und Panzermunition, die der Bundestag kürzlich beschlossen hatte. Damit sollen aber nicht nur die ukrainischen Streitkräfte versorgt, sondern auch die Bundeswehr-Lager wieder aufgefüllt werden.
"Unser Ziel ist, auf jährlicher Basis mehr als eine Million Geschosse Munition produzieren zu können", bekräftigte der zuständige EU-Kommissar Thierry Breton in Toledo. Er sei weiter zuversichtlich, dass die Europäer dies erreichen könnten. Dafür soll die Rüstungsproduktion insgesamt deutlich angekurbelt werden.
Die EU-Minister tagten in Toledo an einem symbolischen Ort: der "Fábrica de Armas" (Waffenfabrik). Dort ließen die spanischen Könige seit dem 18. Jahrhundert Schwerter schmieden, später wurde dort Munition produziert. Heute gehören die Gebäude am Fluss Tajo zur Universität der Welterbe-Stadt.
Grundsätzliche Zustimmung gab es in Toledo zu dem Vorstoß Borrells, die Ukraine über Jahre hinweg militärisch zu unterstützen. Dafür hatte der Spanier ein Paket von 20 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre ins Gespräch gebracht.
Borrell äußerte die Hoffnung auf einen Beschluss möglichst bis "Ende des Jahres". Zurückhaltender äußerten sich andere Teilnehmer. Grundsätzlich wolle die EU der Ukraine zwar dauerhaft helfen, die Art und der genaue Umfang der Unterstützung seien aber noch offen, hieß es.
Die Mittel sollen nach Borrells Vorstellung über die Europäische Friedensfazilität (EPF) fließen - einen Topf außerhalb des EU-Haushalts, den Deutschland zu rund 25 Prozent finanziert. Daraus können sich Mitgliedsländer Waffenlieferungen an die Ukraine teilweise entschädigen lassen.
Gut einen Monat nach dem Militärputsch im westafrikanischen Niger ging es in Toledo auch um mögliche Sanktionen gegen die Machthaber. Der Außenbeauftragte Borrell schlug den Mitgliedsländern auf Initiative Deutschlands und Frankreichs einen Rechtsrahmen für "Sanktionen gegen die Putschisten im Niger" vor.
Die EU-Staaten könnten auf dieser Basis Vermögens- und Einreisesperren gegen Verantwortliche im Niger verhängen. Am Donnerstag wollte Borrell mit den Außenministern weiter darüber beraten. Dazu wurde die deutsche Ressortchefin Annalena Baerbock (Grüne) erwartet.
Überrascht wurde die EU durch den Militärputsch in Gabun am Mittwoch. Dieser könne ebenfalls zur Instabilität auf dem afrikanischen Kontinent beitragen, warnte Borrell.
O.Gutierrez--AT