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Kurz vor Urteil von Verfassungsrat zu Rentenreform erneut Proteste in Frankreich
Zum zwölften Mal haben die französischen Gewerkschaften für Donnerstag zu Protesten und Streiks gegen die bereits verabschiedete Rentenreform aufgerufen. Das Gesetz wird derzeit vom Verfassungsrat geprüft, der am Freitag seine Entscheidung bekannt geben will. "Es wird nicht der letzte Aktionstag sein", sagte die CGT-Gewerkschaftschefin Sophie Binet am Vormittag an einer blockierten Müllverbrennungsanlage in einem Pariser Vorort.
Ihre Gewerkschaft hatte erneut zu einem Streik der Müllabfuhr aufgerufen. Es war jedoch noch nicht absehbar, wie stark der Aufruf befolgt wird. Im März hatten sich während eines dreiwöchigen Streiks der Müllarbeiter in Paris riesige Abfallberge angehäuft.
Insgesamt nimmt die Beteiligung an den Streiks und den Demonstrationen allmählich ab. Das Innenministerium rechnete für Donnerstag landesweit mit etwa 600.000 Demonstranten. Anfang März waren mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen. Laut SNCF sollte etwa jeder fünfte Hochgeschwindigkeitszug ausfallen. Im Pariser Nahverkehr sollten nur noch wenige U-Bahnen und Busse ausfallen.
In Paris war für den Nachmittag eine Demonstration zwischen der Oper und Bastille geplant. Beim vergangenen Protesttag hatte es erneut Ausschreitungen am Rande der Demonstrationen in Paris und anderen Orten gegeben. Seit der Verabschiedung der Reform durch einen legalen Verfassungskniff hatten sich die Proteste teilweise radikalisiert. Die Sicherheitskräfte gerieten wegen ihres teilweise brutalen Vorgehens in die Kritik.
Die Entscheidung des Verfassungsrates am späten Freitagnachmittag wird mit Spannung erwartet. Erklärt er das Gesetz für verfassungskonform, muss Präsident Emmanuel Macron es innerhalb von zwei Wochen unterzeichnen, um es in Kraft zu setzen. Denkbar ist auch, dass der Verfassungsrat Nachbesserungen bei einzelnen Maßnahmen fordert. Dann würden die Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaft erneut beginnen.
Sollte der Verfassungsrat das Gesetz komplett ablehnen - etwa mit dem Argument, dass ein Haushaltsgesetz nicht die angemessene Form für eine so weitgreifende Reform ist - wäre es ein herber Rückschlag für Macron. Er hatte die Reform zu einem Hauptanliegen seiner zweiten Amtszeit erklärt.
Der Verfassungsrat wird sich auch zu einem Antrag der linken Opposition äußern, die einen Volksentscheid über die Rentenreform fordert. Sollte der Rat zustimmen, wäre es aber nur der Beginn einer langen Prozedur, bevor es tatsächlich zu einem Referendum käme.
Durch die Reform soll das Renteneintrittsalter bis 2030 schrittweise von 62 auf 64 Jahre angehoben werden. Dabei sind weiterhin Ausnahmen für Menschen vorgesehen, die sehr früh ins Berufsleben gestartet sind oder besonders beschwerliche Berufe haben. Zudem wird die Mindestrente bei voller Beitragszeit auf 1200 Euro angehoben.
Mehr als zwei Drittel der Franzosen lehnen die Rentenreform ab. Die Rente gilt in Frankreich als wichtige soziale Errungenschaft.
M.King--AT