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Türkischer Oppositionspolitiker Imamoglu im Wahlkampf angegriffen
Eine Woche vor den Wahlen in der Türkei ist der Oppositionspolitiker Ekrem Imamoglu im Wahlkampf angegriffen und zum Abbruch seines Auftritts gezwungen worden. Das Büro Imamoglus, der Bürgermeister von Istanbul ist, veröffentlichte Aufnahmen von dem Angriff in der osttürkischen Stadt Erzurum während einer Rede des Politikers am Sonntag. Ankara verweigerte unterdessen zwei skandinavischen Wahlbeobachtern die Einreise. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierte die Entscheidung scharf.
Wütende Demonstranten schleuderten Steine auf Imamoglus Wahlkampfbus und zwangen ihn, den Auftritt abzubrechen und den Ort zu verlassen. Aufnahmen in Onlinenetzwerken zeigten, wie die Polizei die Menge mit Wasserwerfern auseinander trieb und daran hinderte, den Bus weiter zu verfolgen. Laut türkischen Medienberichten wurden sieben Menschen leicht verletzt. Imamoglu sprach von einer Provokation und verlangte eine Erklärung von den örtlichen Verantwortlichen. Die Provinz wird von der islamisch-konservativen Partei AKP von Staatschef Recep Tayyip Erdogan kontrolliert.
Der Vorfall verdeutlichte, wie angespannt die Lage in der Türkei eine Woche vor den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ist. Imamoglu unterstützt in seinem Wahlkampf den Oppositionspolitiker Kemal Kilicdaroglu. Der populäre Bürgermeister von Istanbul hat im Falle eines Wahlsieges der Opposition Aussicht auf den Posten des Vizepräsidenten. Umfragen zufolge hat Kilicdaroglu Chancen auf einen Wahlsieg.
Die OSZE kritisierte die türkische Regierung am Montag dafür, zwei Wahlbeobachter aus Skandinavien nicht einreisen zu lassen. Die Türkei habe nicht das Recht, "die Zusammensetzung der Delegation zu beeinflussen", erklärte die OSZE. Diese Maßnahme könnte sich "negativ auf die Arbeit der internationalen Beobachterdelegation auswirken", monierte die Organisation.
Ankara hatte zuvor dem sozialdemokratischen schwedischen Abgeordneten Kadir Kasirga und dem Dänen Sören Söndergaard die Einreise verweigert. Dem dänischen Parlamentarier wirft die Regierung dessen Angaben zufolge "Förderung einer terroristischen Organisation" vor.
Söndergaard hatte in der Vergangenheit das von Einheiten der Kurdenmiliz YPG angeführte syrische Militärbündnis Demokratische Kräfte Syriens (SDF) besucht. Die Türkei wirft dem SDF vor, ein Ableger der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu sein und stuft das Militärbündnis deshalb als "terroristisch" ein.
Ein Land könne "nicht die Parlamentarier auswählen, die als Beobachter fungieren", erklärte Söndergaard nun. "Das wirft einen Schatten auf die türkischen Wahlen."
Die OSZE entsendet zur Präsidentschafts- und Parlamentswahl am Sonntag zusätzlich zu rund 400 eigenen Experten mehr als 100 gewählte Abgeordnete.
Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu bekräftigte derweil in einem Interview seine Demokratisierungs-Pläne. In den ARD-"Tagesthemen" kündigte der CHP-Politiker im Falle eines Sieges seines Sechs-Parteien-Bündnisses viele Veränderungen an, um nach zwei Jahrzehnten des "Ausblutens der Demokratie" diese wieder herzustellen. Neben einer Verfassungsänderung solle ein gestärktes parlamentarisches System eingeführt und die Verfassung geändert werden.
"Sämtliche demokratischen Standards der Europäischen Union werden wir, ohne die Öffnung eines neuen Kapitels durch die EU abzuwarten, vollständig umsetzen", sagte Kilicdaroglu. Die Türkei werde dann in eine neue Phase eintreten: "Politisch sagen wir, es wird Frühling in der Türkei", sagte der Oppositionsführer.
In der Türkei finden am Sonntag Präsidentschafts- und Parlamentswahlen statt. Erstmals könnte es für den seit 20 Jahren regierenden Erdogan knapp werden - Umfragen zufolge liegt Kilicdaroglu in der Wählergunst vorn.
A.Taylor--AT