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Zahl der Angriffe auf Journalisten in Deutschland steigt auf neuen Höchstwert
Deutschland ist in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) weiter zurückgefallen. Die Zahl der körperlichen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten sei hierzulande auf einen neuen Höchstwert gestiegen, teilte RSF am Mittwoch mit. Deutschland stieg auf der Liste um fünf Plätze auf Rang 21 ab - von 180 verzeichneten Ländern. Weltweit sei die Lage der Pressefreiheit durch Kriege und die Ausbreitung des Autoritarismus so instabil wie seit langem nicht mehr.
Mit 103 körperlichen Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten im Jahr 2022 dokumentierte RSF in Deutschland den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2013. Die überwiegende Mehrheit der Attacken fand demnach in verschwörungsideologischen, antisemitischen und rechtsextremen Kontexten statt, zwei Drittel davon in Ostdeutschland.
Versammlungen und Demonstrationen blieben den Angaben zufolge die gefährlichsten Arbeitsorte für Medienschaffende in Deutschland, aber auch online begegneten Berichterstattern zunehmend Queerfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus. Viele Betroffene äußerten laut RSF Unzufriedenheit über die Arbeit von Polizei und Justiz und bemängelten die Straflosigkeit der Täter.
Der Abstieg Deutschlands auf der weltweiten Rangliste ist laut RSF vor allem mit dem Vorbeiziehen anderer Länder zu erklären, die sich stark verbesserten.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) zeigte sich alarmiert angesichts der zunehmenden Zahl der Angriffe auf Journalisten. "Welches Signal brauchen wir noch, angesichts dieses drastischen Abstiegs der Pressefreiheit? Kein Mensch soll in Angst vor Bedrohung oder Gewalt seine Arbeit machen müssen", erklärte die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll. Sie forderte Verlage und Rundfunksender auf, wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz ihrer Journalisten zu ergreifen. Von der Bundesregierung verlangte sie "konkrete Zusagen" für mehr Sicherheit.
Die Situation der Pressefreiheit sei weltweit seit Beginn des vergangenen Jahres durch Krisen und Kriege volatil, teilte Reporter ohne Grenzen mit. Die Organisation verweist auf Entwicklungen wie die fast völlige Unterdrückung unabhängiger Berichterstattung in Russland infolge des Ukraine-Krieges und massenhafte Festnahmen von Medienschaffenden in der Türkei. Insgesamt wird die Sicherheitslage in 36 Ländern als "sehr ernst" eingestuft.
Auch UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich besorgt über den weltweiten Zustand der Pressefreiheit. "Auf der ganzen Welt wird die Pressefreiheit angegriffen", sagte er am Dienstag in einer Videobotschaft am Vorabend des internationalen Tags der Pressefreiheit. "Alle unsere Freiheiten hängen von der Pressefreiheit ab (...) Die Pressefreiheit ist das Lebenselixier der Menschenrechte", fügte er hinzu.
"Es gibt in einzelnen Ländern positive und negative Entwicklungen. Aber die Zahl der Demokratien, die die Pressefreiheit achten, nimmt weltweit ab", sagte der Geschäftsführer von RSF Deutschland, Christian Mihr, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir sehen in vielen Ländern eine wachsende Zahl gewalttätiger Übergriffe auf Journalistinnen und Journalisten, auch in Demokratien wie Deutschland", sagte der ROG-Geschäftsführer.
Im Asien-Pazifik-Raum herrschen laut Reporter ohne Grenzen vor allem in Myanmar (Platz 173) und Vietnam (Platz 178) nach wie vor repressive Arbeitsbedingungen für Medienschaffende, mutwillige Festnahmen und desaströse Haftbedingungen waren in beiden Ländern an der Tagesordnung. Auch organisierte Desinformation ist in vielen Ländern ein wachsendes Problem: In 118, also zwei Dritteln aller Länder, gab eine Mehrheit der Befragten an, dass politische Akteurinnen und Akteure in ihrem Land in massive Desinformations- oder Propagandakampagnen involviert seien.
Insgesamt stufte die Organisation die Lage in 52 Ländern als "gut" oder "zufriedenstellend" ein. Norwegen sicherte sich auf der Rangliste zum siebten Mal in Folge den ersten Platz. Im zweitplatzierten Irland schützt ein neues Verleumdungsgesetz Medienschaffende vor missbräuchlichen Klagen. Den dritten Rang belegt Dänemark.
Die Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen vergleicht die Situation für Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien. Die Rangliste stützt sich auf fünf Indikatoren: Neben Sicherheit sind dies politischer Kontext, rechtlicher Rahmen, wirtschaftlicher Kontext und soziokultureller Kontext. Die Ergebnisse werden in jedem Land durch eine qualitative Untersuchung mittels Fragebögen sowie eine quantitative Erhebung zu Übergriffen ermittelt.
R.Garcia--AT